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Das Perfekte

Dieses ist mit Sicherheit kein perfekter Artikel. Denn ich bin kein perfekter Mensch. Stellen Sie sich einen Menschen vor, dessen zwei Gesichtshälften genau gleich sind, spiegelbildlich – perfekt! - ? – Wir wären von dieser Perfektheit sehr verunsichert und würden sie nicht einmal als schön empfinden – sondern eher als befremdlich.

Perfektes in der Architektur geht mit einem Übermaß an Ordnung, Aufgeräumtheit, manchmal Symmetrie und einer erheblichen Unberührbarkeit einher. In Perfekten sind wir nicht mehr Teil-haber oder Teil-nehmer, sondern werden zu Zuschauern und Außenstehenden. Perfektes ist komplett und fertig, es gibt nichts mehr zu tun oder zu gestalten, es ist ein absoluter Endpunkt erreicht. 
Es darf aber auch nichts verändert = beschädigt werden, das verbietet sich von selbst!
An dieser Stelle ist wieder einmal unsere Empfindung gefragt:
-    wie fühlen Sie sich an Stellen, bei denen es auf ein durchgehend perfektes Erscheinungsbild angelegt ist, wie z.B. in größeren Bankhäusern
-    und wie fühlen Sie sich z.B. vergleichsweise in ihrem Lieblingsrestaurant?

Wir sind natürlich mittlerweile gewohnt, beides in einer gewissen Art hinzunehmen, aber wenn Sie es schaffen, Ihr Gefühl unter der Gewohnheit zu finden, werden Sie einen deutlichen Unterschied feststellen können.

Grob gesprochen finden Sie im zweiten Fall ein Gefühl von Zugehörigkeit und Sein-dürfen, im ersten Fall eher ein Gefühl von Distanz und Unterordnung. Das Perfekte ist also geeignet, in uns ein Gefühl von Kleinheit zu erzeugen, weil wir eben nicht perfekt sind als Menschen. Wir erleben dieses eher als ein Ausgeliefert-Sein an eine undefinierte Macht.

Hennig Köhler, Jugend-Therapeut, beschreibt zwei Grund-Impulse, mit denen wir auf die Welt kommen: Du-Gerichtetheit und Gestaltungswille.

Der erste meint, dass es ur-Menschlich ist, sich auf jemand Anderes beziehen zu wollen. Der zweite heißt, dass es ebenfalls urmenschlich ist, Dinge oder Verhältnisse zu verändern und zu gestalten. Dieses Zweite ist in perfekter Umgebung nicht mehr möglich, d.h. unser Impuls läuft ins Leere bzw., er findet keinen Ansatzpunkt mehr.

Im Extrem wird ein Mensch, dem man jegliche Art des Tun-Könnens entzieht, zumindest seelisch völlig verkümmern (Ansätze des Leidens an der damit einhergehenden Sinnlosigkeit findet man z.B. bei Langzeitarbeitslosen).

Natürlich leben wir nicht durchgängig in völlig perfekter Umgebung, aber wenn wir manche städtische Gestaltung betrachten, die in einer Art funktioneller, kalter Perfektion daherkommt, so ist diese bei täglichem Erleben nicht geeignet, bei uns warme Gefühle von Identifikation gepaart mit Erhalten- und auch Gestaltenwollen zu erzeugen.




Es geschieht eher das Gegenteil als Akt von Jugendlichen, die diesem unseligen Zustand durch alle Arten von Verschmutzung oder Zerstörung ihren perfekten Nimbus zu nehmen getrachten. So gesehen absolut verständlich.

Für uns Erwachsene natürlich nicht, die diesen Zustand der Perfektion in irgendeiner Form bezahlt haben und auch erhalten wissen wollen. Die Reaktion der Jugendlichen ist aber auf ihre Art natürlicher und deutlicher, als sich die Erwachsenen in ihrer Art des antrainierten Nicht-mehr-wahrnehmen-wollens gestatten.

Eine Aussage aus der Bauphase einer Waldorfschule: „…unser Schulklima war am Besten in der Zeit der Barackenphase!...“ was heißt, dass eben noch alles im Fluss und in Bewegung und ungefestigt und offen und damit spannend und lebendig war.

Bezogen auf Bauen und Leben allgemein kann man schließen, dass der Drang und das Herstellen von Perfektem zu „endgültigen“ Zuständen und Ergebnissen führt, die damit fertig und tot sind. Sie stehen damit dem Ur-Impuls des Menschen entgegen und erzeugen verschiedene Gegenbewegungen. Und wenn er im Perfektem für sich das vermeintlich Sichere sucht, so wird ihn diese Illusion unbefriedigt lassen.

Wir dürfen heute vor allem im privaten Bauen von Perfektionsstreben ganz bewusst Abstand nehmen, da es uns in obigem Sinne weder wirklich zufrieden stellt, noch unserem Drang nach Veränderung entgegenkommt und uns letztlich auch viel zu viel Geld kostet. Wer möchte schon in seiner Küche rumschrauben, die er soeben für 30.000 Euro passgenau von seinem Küchenfachmann eingebaut bekommen hat, auch wenn sich etwas als nicht wirklich praktikabel herausstellt –aber einfach teuer war? 

 

Autor: Wolfgang Urban    





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